Halt! Einen hab ich noch: Was wir hier besonders genossen haben, war die riesige Auswahl an exzellenten Gaststätten jedweder Provinienz. 30.000 Restaurants soll es in London geben, von der Dönerbude bis zum 3-Sterne-Haus. Und wenngleich der famose Bürgermeister Boris Johnson hemmungslos übertreibt, wenn er sagt, es gebe in der britischen Hauptstadt mehr Restaurants mit Michelin-Stern(en) als in Paris, so ist es doch erstaunlich, welche rasante Entwicklung die hiesige Gastronomie in den vergangenen Jahren genommen hat.
Hier kann man auf Weltniveau fürstlich speisen, und – wenn man weiß wie – zu Preisen deutlich unter denen, die man in Deutschland für vergleichbare Qualität berappen muss. Im Folgenden also einige
Tipps und Daumenregeln für gutes Essen in London:
1. Mittags essen gehen, oder früh am Abend, Sonntage/Feiertage meiden (meist überteuert, und aus unserer Erfahrung heraus sogar in sonst hervorragenden Restaurants oft unterirdische Qualität)
2. immer reservieren! „Wir haben Urlaub, und wollen uns nicht mit Terminen und Reservierungen stressen. Wir schauen mal, wann wir Hunger haben und gehen spontan in ein Restaurant, das uns gefällt.“ Das ist eine sympathische Idee. Leider funktioniert sie nicht, jedenfalls nicht in London. Wer nur zu zweit unterwegs ist, kann ab und an Glück haben, aber in aller Regel fährt man besser damit, anzurufen oder online einen Tisch zu bestellen, um Frust zu vermeiden. London hat so viele hervorragende Restaurants, dass es immer möglich ist, sich zuerst zu fragen: Was will ich heute machen, wo will ich hin? Und dann ein guten Restaurant in der Gegend zu finden (siehe Liste nach Stadtvierteln).
3. nach Set Lunch-Offers, Early Dinner Offers, Pre-Theatre Menus Ausschau halten. Aufpassen: Viele Touri-Fallen bieten so etwas an, aber eben auch viele wirklich gute Restaurants, teilweise mit Michelin-Stern, wo man für 20-30 Pfund auf höchstem Niveau speisen kann. Und das nicht irgendwo in der Pampa, sondern mitten in den beliebtesten Vierteln. Unser Top-Favorit in Sachen Preis-Leistung ist das Clos Maggiore in Covent Garden (siehe Liste), wo man bis 18 Uhr für 27 Pfund ein hervorragendes Drei-Gänge-Menü serviert bekommt, inklusive einer halben Flasche Wein – und der ist kein billiger Tafelwein, sondern stets ein hervorragender Tropfen.
Mit diesen drei Regeln kann man nicht falsch liegen. Sie mögen ein wenig spießg klingen, aber es lohnt sich, sie zu beherzigen. Denn natürlich gibt es auch das umgekehrte: Schlechtes Essen für teures Geld. So manches Mal sind auch wir auf ein gemütliches Ambiente hereingefallen, oder wurden Opfer unserer hungergetriebenen Ungeduld. We learned it the hard way, wie der Engländer sagt. Nach solchen Erfahrungen waren wir oft nicht nur satt, sondern bedient.
Um dem Leser dieses kleinen Blogs diese Erfahrung zu ersparen, haben wir in dreijähriger, selbstloser Aufopferung folgende Liste erarbeitet mit Restaurants, in denen wir hervorragend gegessen und getrunken haben, wo das Ambiente angenehm und die Bedienung freundlich war. Der Preis ist bei den meisten Lokalen gehoben aber nicht abgehoben (Hauptgerichte zwischen 12 und 22 Pfund, Menüs 20-40 Pfund). Hinzuzufügen ist wohl, dass wir eine eher lockere Atmosphäre bevorzugen. Die meisten unserer bevorzugten Restaurants fallen eher in die Kategorie smart-rustikal als gediegen. Tischtuch und Damastservietten sind nicht so unser Ding. Aber wenn das Essen herausragend ist, nehmen wir selbst das in Kauf…
Soho:
10 Greek Street – Modern British/French (der Name ist zwar nicht Programm, aber Adresse: 10 Greek Street, Soho W1D 4DH, 020 7734 4677
Arbutus – Modern British/French, Michelin Stern, preiswertes Lunch und Pre-Theatre-Angebote (63-64 Frith Street, London W1D 3JW, 020 7734 4545)
Mele e Pere – modern Italienisch, Michelin-Empfehlung, Lunch Specials und Pre-Theatre Menues (46 Brewer Street, Soho, W1F 9TF, 020 7096 2096)
Bocca di Lupo – modern Italienisch, Michelin Bip Gourmand: gut und günstig (12 Archer Street, W1D 7BB, 020 7734 2223)
Bestes Eis nördlich der Alpen: Gelupo, Soho (gegenüber Bocca di Lupo)
Herman the German – Deutsch, Curry-Wurst & Co, erst vier Jahre alt, aber schon eine feste Londoner Institution (Old Compton Street, W1D 5JU, Filialen auch an Charing Cross und in Fitzrovia)
Barshu – chinesisch, Michelin-Empfehlung, besonders zu empfehlen: die Gerichte mit Szechuan-Pfeffer, der die Zunge leicht betäubt (28 Frith Street W1D 5FL)
Yauatcha – Chinesisch, 1 Michelin-Stern, Tipp: 9-Gang Tasting Menü: 50 Pfund. Achtung! Nicht nervös werden: Nach den ersten 5 Gängen bezweifelt man, je satt zu werden. Die Angst ist verständlich, aber unbegründet (15-17 Broadwick Street, Soho W1F 0DL)
Copita – Spanische Tapas, unbedingt probieren: Mushroom Croqueta (27 D’Arblay St Soho W1F 8EP)
Mayfair:
The Only Running Footman – British Gastro-Pub (5 Charles St, Mayfair, W1J 5DF, 0207 499 2988)
Momo, Marokkanisch in einem kleinen Food Court abseits der geschäftigen Regent Street, Tipp: Thunfisch Tartar, Wood Pigeon Pastilla (25, Heddon Street, W1B 4BH, 0207 434 4040)
Westminster/St. James:
Quilon – Indisch, Michelin-Stern. Tipp: 5-Gang Tasting Lunch-Menü für 30 Pfund – genial (41 Buckingham Gate Victoria SW1E 6AF +442078211899)
Clerkenwell:
Medcalf – Modern British in einer ehemaligen Metzgerei, fleischlastig Michelin-Empfehlung (40 Exmouth Market, London, EC1R 4QE, 020 7833 3533)
Modern Pantry – Modern British, Michelin-Empfehlung (47-48 St John’s Square, Clerkenwell, EC1V 4JJ 020 7553 9210)
Spitalfields:
St. John‘s Bread and Wine – Modern British, eher Tapas-Artig, viele Kleinigkeiten zum Teilen gedacht mit hervorragendem Brot, Bip Gourmand: Preiswert und lecker (94-96 Commercial Street
London, E1 6LZ)
Androuet – französisch/schweizerisch, käselastig, was wenig überrascht, da in einem Käseladen gelegen (Spitalfields Market, 107b Commercial Street E1 6B, 020 7375 3168)
Bermondsey/London Bridge:
Casse Croûte – bodenständig Elsässisch, gemütliche Atmosphäre, wenige Tische, Michelin Bib Gourmand (109 Bermondsey St, SE1 3XB)
Tentazioni – gehoben Italienisch ( 2 Mill St, London SE1 2BD)
Story – abgehobenes Menü mit 12-14 Gängen, für Leute mit gesteigertem Spaß an ausgefallenem Essen, weniger, um sich den Magen voll zu schlagen, Michelin-Stern (201 Tooley Street, SE1 2OE)
Covent Garden:
Clos Maggiore – Modern British/French, Michelin-Empfehlung, bestes Preis-Leistungs-Verhältnis in London, Pre-Theatre Offer von Mittags bis 18 Uhr, unser persönlicher Favorit *** (Covent Garden, 33 King Street, WC2E 8JD)
Green Man and French Horn – French/Modern British, Schwesterreataurant des Soif in Battersea (54 St.Martins Lane, London, WC2N 4EA )
The Wellington – ordentliche Burger und gute Fish‘n‘Chips in netter, klassisch-gediegender Pub-Atmosphäre (351 Strand, London, WC2R 0HS, 020 7836 2789)
Kensington/Knightsbridge:
Babylon at Roof Gardens – Modern British/French, Michelin-Empfehlung, Einer, wenn nicht der schönste Dachgarten Londons, mit altem Baumbestand und Teichanlagen, in denen sich Flamingos tummeln (99 Kensington High Street, W8 5SA Kensington)
Ottomezzo – Italienisch, geniale Steinpilz-Pizza für 13 Pfund (2-4 Thackeray Street, Kensington, W8 5ET, 020 7937 2200)
Comptoir Libanais – Street Food von der Levante, Kette mit Filialen in Soho, Marylebone Flughafen Heathrow. Einfach, gut, günstig, lecker. Achtung! Zur Mittagszeit oft Schlangen (1-5 Exhibition Road, South Kensington, 020 7225 5006)
Amaya – Indisch, Michelin-Stern, Tipp: Weekend Lunch zwischen 22,50 und 37,50 Pfund, zwischen 6 und 7 Gänge. Nicht nervös werden, wenn die ersten Gänge sehr überschaubar klein bleiben, nicht Naan nachbestellen und daran satt essen – die letzten beiden Gänge sind Sattmacher (Halkin Arcade, Motcomb Street, London SW1X 8JT)
Battersea:
Soif – French/Modern British (27 Battersea Rise, London SW11 1HG)
Ealing/Chiswick:
Charlotte‘s Place – Modern British/French, Michelin-Empfehlung, Tipp: Early Dinner Offer: 3 Gänge plus Aperitif: 27 Pfund (16 St. Matthew’s Road, Ealing W5 3JT, 020 8567 7541)
Charlotte‘s Bistro – Schwester-Restaurant von Charlotte‘s Place (6 Turnham Green Terrace Chiswick W4 1QP)
Monty‘s – Nepalesisch, einfach, gut und preiswert (1 The Mall, Ealing Broadway, London, W5 2PJ, 020 8567 5802)
Barnes:
The White Hart – British Gastro-Pub, unten Bar-Menü, oben Restaurant – das englische Wort Hart hat übrigens nichts mit dem Herzen zu tun, sondern bezeichnet einen Hirschbock (Riverside, Barnes SW13 0NR, 020 8876 5177)
Richmond:
Al Boccon di’Vino – Italiener, striktes Regiment: Ankunft 19 Uhr, gegessen wird,was auf den Tisch kommt: Für Gewöhnlich 1-2 Antipasti-Gänge, 2 Nudelgänge, Zwischengang, Hauptgang (Lamm oder Wildschein-Frischling, 1-2 Nachspeisengänge, inkl. Wein und Kaffe 50 Pfund (14 Red Lion Street, Richmond TW9 1RW, 0208 940 9060)
in ganz London:
Supper Clubs – keine Restaurants im eigentlichen Sinne, sondern Privatveranstaltungen von Hobby- und Profiköchen. Meist Samstag abends in kleiner Runde und in heimischer Küche. anmeldung zwingend.
außerhalb Londons:
The White Oak, Britishes Gastro-Pub, Michelin Bib Gourmand (Cookham SL6 9QE, 01628 523043)